Bornholm, 31.07.2021
Ich wollte nie zahm sein, nie angepasst und folgsam. Schon als Kind habe ich viel aufgemuckt, nachgefragt, habe alles kritisch beleuchtet und mich nicht mit den Wahrheiten der anderen zufrieden gegeben.
Ich habe Politik studiert, bin aber nicht in die politische Laufbahn gegangen, denn das war mir auch zu viel „Speichellecken“ und „Lieb-Kind-Sein“. Stattdessen wollte ich Journalistin werden, möglichst fürs Fernsehen Reportagen über Krisengebiete und Krisen in unserer Gesellschaft machen. Doch für mein damaliges Wunschformat Spiegel TV war ich auch zu unbequem, wollte mich nicht in deren Anspruch, ihnen rund um die Uhr – und an Wochenenden und Ferienzeiten – als Berichterstatterin zur Verfügung zu stehen, einfinden. Ich wollte auch Privatleben und Zeit für anderes. Das Aus für jeden TV-Karriere, bevor sie beginnt. Als ich dann später in der PR landete, schaute ich auch gerne hinter die Kulissen. Schnell blickte ich, wie der Hase lief und dass alles was in der Zeitung ist, irgendwie gekauft und lanciert ist. Lobbyismus hoch Zehn und mit viel Geld für die Anzeigenabteilungen der Medien und hohen Werbezusagen für die TV-Sender ist eigentlich alles möglich. Von wegen freie Presse.
Mutter werden, der Rückzug aufs Land und ins Private führt mich auf einen ganz anderen Weg. Und er führt mich nach Bornholm. Die schillernde Medienwelt verblasste und ich kam immer mehr an, bei mir und in der Natur.
Seit über 11 Jahren arbeite ich nun als Coach und nebenbei oder zunehmend auch als Autor und auch Blogger. Ich habe in dieser Zeit nie das Bedürfnis gehabt, mich wieder politisch zu engagieren. Meine Zeiten des „auf die Straße Gehens“ und des „Kämpfen“ für eine besser Welt schien vorbei. Auch meine kurze Zeit als Punk in Hamburg mit Stoppelhaaren und großer Schnauze gegen das Establishment schien wie aus einem anderen Leben. Ich beschäftige mich heute viel mit Meditation, Manifestation, Mindset, habe ein Buch über das „Abtauchen“ auf den innersten Meeresgrund geschrieben und über den Zauber der Vergebung. Bin ich handzahm geworden? Weichgespült und mega soft? Ja, das bin ich wohl und das ist auch gut so. Es tut mir gut, die „softskills“ zu pflegen und mit den Frauen zu bearbeiten, die zu mir kommen. Aber was ist mit der Aufruhr, der Wut, dem Widerstand, dem Aufmucken? Wo sind diese Gefühle und wie gehe ich mit ihnen um? In diesen schrägen Zeiten werden wir alle richtig in die Mangel genommen. Wie in der Waschtrommel wird alles durcheinander gespült und es ist spannend, was nach dem Waschgang rauskommt. Wie ich gestern hier geschrieben habe, hat mich gerade eine junge Frau extrem inspiriert. Sie ist unzahm, furchtlos auf eine gute Art und Weise. Und sie weckt in mir wieder eine Energie, die ich lange nicht hatte. Bis jetzt halte ich mit in Coronazeiten mit meiner ganz eigenen Art „am Leben“. Ich bin viel draußen, mache Yoga, meditiere und bin im Hier und Jetzt. Ich schreibe Texte, gehe aber auch viel in die Stille, tausche mich mit guten Freunden aus. Doch seit einiger Zeit staut sich in mir eine Wut an, gepaart mit einer Ohnmacht. Daraus resultiert irgendwie ein „Egal“-Gefühl. „Ich muss mich jetzt nich auch noch dazu äußern“, „Lieber Schwiegen und in die Ruhe gehen“, „Hat sowieso keinen Sinn“, „Ich will mich nicht streiten“, „Rechthaben-Wollen ist Bullshit“ sind nur einige meiner Gedanken…
daher ist es so still um mich geworden und ich habe es auch sehr genossen, mich zurückzuziehen. Doch jetzt kommt in mir ein Drang auf, mich zu äußern, diese aufgestaute Energie rauszulassen. Nicht vorwurfsvoll oder rechthaberisch, sondern einfach nur beschreibend, beobachtend, mich und die anderen. Denn das, was ich erlebe, erleben fast alle derzeit. Und dieses „Stummsein“ und „Aushalten“ sucht sich seinen Weg. Es zeigt sich in der immer dünneren Schicht an Toleranz in der Gesellschaft. An der mega verkürzten Lunte, die bei einem falschen Wort, einer provokanten Geste oder Blick die Bombe zum Platzen bringt. Klar, die Energie muss raus. In jedem! Daher ist es wichtig, dass wir nicht mehr so handzahm durch die Gegend gehen, sondern Haltung zeigen. Unsere Wahrheit äußern. Dabei geht es aber eben nicht um Recht haben-Wollen, sondern um den Ausdruck unsere Sicht der Dinge. Nein sagen, wenn wir ein Nein in uns spüren. Weggehen, wenn wir nicht da sein wollen, wo wir sind. Nicht verstummen, wenn die Argumente des Gegenüber uns sprachlos machen. Sich befreien, wenn die Fesseln zu groß werden. Wir sind keine Opfer der Zustände, wir sind Schöpfer! Und wir dürfen alles erschaffen, was wir wollen. Wir müssen uns nicht abgeben, mit dem, was andere uns als Welt präsentieren. Wir sind aufgefordert, uns ein Leben zu gestalten wie wir es wollen.
Und um diese Energie fließen zu lassen und den Mut für das Unzahme in uns aufzubringen, empfehle ich Euch Musik!
Ich habe heute Morgen zu „Under pressure“ von David Bowie und Queen getanzt. Gleich dreimal hintereinander!
Rauuus mit diesem Druck!!!! Und gleich danach kam „I want to break free“ von Freddy Mercury!
Seid wild und unzahm! Seid, wer Ihr seid und lebt Eure Wahrheit!
Alles Liebe! Steffi